Übertragungsnetze
Die stetig wachsenden Anforderungen an Datenraten, Verfügbarkeit und Flexibilität machen eine sorgfältige Planung und Umsetzung von Übertragungsnetzen unverzichtbar. Ein modernes Gebäude- oder Campusprojekt erfordert eine leistungsstarke und zukunftssichere IT-Infrastruktur. Es bildet das Rückgrat einer modernen Gebäudeinfrastruktur. Entscheidend sind hohe Datenraten (Mindestens 10 Gbit/s, perspektivisch erweiterbar), Redundanz und Ausfallsicherheit (Doppelte Trassen, mehrere Hauptverteiler), normgerechte Umsetzung (Einhaltung von ISO/IEC 11801, EN 50173, VDE-Bestimmungen), umfassender Schutz (Brandschutz, EMV-Maßnahmen, IP-Schutzart, Überspannungsschutz), umfassende Dokumentation (Lückenlose Mess- und Bestandsunterlagen) und Zukunftssicherheit (Skalierbare Faserkapazitäten, PoE-Reservierung und Reserve-Flächen in Racks).
Durch die konsequente Berücksichtigung dieser Aspekte entsteht eine flexible, zuverlässige und nachhaltige Infrastruktur, die langfristig auf neue Technologien und wachsende Anforderungen reagieren kann.
Planungsgrundlagen und Normen
Normative Anforderungen: Die Planung orientiert sich an den Normen der ISO/IEC 11801 bzw. EN 50173 (strukturierte Verkabelung).
Weiterführende Richtlinien (z. B. DIN VDE, Bauordnungen) sind in die Planung zu integrieren.
Leistungs- und Verfügbarkeitsziele: Unterstützung von 10 Gigabit Ethernet (und mehr) für alle relevanten Übertragungswege.
Redundanz in kritischen Bereichen (z. B. durch doppelte Trassenführungen, mehrere Hauptverteiler).
Allgemeine Ziele: Hohe Zukunftssicherheit und Skalierbarkeit.
Normgerechte Installation und Dokumentation.
Berücksichtigung individueller Projektvorgaben (z. B. IP-Schutz, Brandschutz).
Twisted-Pair-Verkabelung
Maximale Streckenlänge: In Anlehnung an gängige Normen (z. B. ISO/IEC 11801) dürfen Kupfer-Permanentlinks 90 m nicht überschreiten. Dementsprechend sind EDV-/IT-Verteiler so zu platzieren, dass alle Endgeräteanschlüsse in Reichweite liegen.
Kategorie und Bandbreite: Häufig wird zumindest Cat.6A oder höher verwendet, um 10 Gbit/s zu ermöglichen.
Installations- und EMV-Richtlinien: Geschirmte Kabel (S/FTP oder F/FTP) und fachgerechte Erdung tragen zur Minimierung elektromagnetischer Störungen bei.
Glasfaserverkabelung (LWL)
Backbone-Anbindung: Die Haupt- und Bereichsverteiler werden durch Singlemode-Glasfaser (z. B. 12-Faser- oder 24-Faser-Kabel) verbunden, um hohe Datenraten auch über größere Entfernungen sicherzustellen.
Redundante Trassen: Bei erhöhtem Verfügbarkeitsbedarf können zwei voneinander getrennte Leitungswege (z. B. unterschiedliche Gebäudeflure oder Kabelschächte) realisiert werden. Dies erlaubt bei Ausfall einer Strecke den Weiterbetrieb über die zweite.
Aufbau der IT-Verteilerstandorte
Gebäudehauptverteiler (GHV): Gebäudehauptverteiler (GHV)
Anbindung aller Bereichsverteiler (Stockwerks-, Zonen- oder Produktionsverteiler) erfolgt in der Regel per Glasfaser.
Bereichsverteiler: Dezentral in einzelnen Geschossen, Zonen oder Hallen platziert.
Anbindung per LWL an den GHV, Kupfer-Verkabelung zu den Endgeräten.
Strategische Positionierung, um Kabelwege und -längen zu optimieren.
Schränke in Industrieumgebungen: IP-Schutzart: Bei hohen Staub- oder Feuchtigkeitsbelastungen empfehlen sich Racks mit IP54 oder höher sowie einem Klimapaket (Heizung, Kühlung oder Lüftung).
19"-Racks zur normgerechten Aufnahme von Patchfeldern, Rangierfeldern und aktiven Komponenten.
Stromversorgung der IT-Verteiler (KUV-IT)
Eigener Unterverteiler: Jeder Verteilerstandort sollte einen eigenen Kraftunterverteiler (KUV) erhalten, um ausreichende Leistungsreserven bereitstellen zu können.
Typische Ausstattung: Absicherung (z. B. 35 A, D02).
Überspannungsschutz (Typ 3), um Endgeräte vor Spannungsspitzen zu schützen.
Sicherungsautomaten (z. B. 3× C16A 1-polig, 1× C16A 3-polig) zur Aufteilung auf unterschiedliche Lastkreise.
Aktive Komponenten
Switches, USV-Anlagen, Router etc. werden in der Regel vom Betreiber oder Kunden geliefert.
Racks und Stromversorgung sind so auszulegen, dass sämtliche Geräte sicher montiert und betrieben werden können.
Bei Bedarf sollten Redundante Einspeisungen oder USV-Systeme vorgesehen werden, vor allem in Bereichen mit erhöhten Verfügbarkeitsanforderungen.
Brandschutz und Leitungswege
Kabelabschottung: Brandschutztechnisch relevante Durchführungen (Wände, Decken) sind nach den gültigen Brandschutzklassen zu verschließen (z. B. MLAR-Anforderungen).
Feuerwiderstandsklassen: Kabel sollten je nach Brandabschnitt die entsprechenden CPR-Anforderungen (z. B. B2ca, Cca) erfüllen.
Getrennte Leitungswege: Redundante Trassen sollten durch verschiedene Brandabschnitte geführt werden, um ein Totalausfallrisiko zu reduzieren.
Zugangs- und Einbruchschutz
Mechanische Sicherheit: Abschließbare Racks bzw. Türen, stabile Konstruktionen in öffentlich zugänglichen Bereichen.
Elektronische Zugangskontrolle: In sensiblen Bereichen (z. B. Serverraum) können Schließsysteme mit Protokollierung des Zutritts eingesetzt werden.
Videoüberwachung: Optional für hochsicherheitskritische Bereiche oder Rechenzentren.
Dokumentation und Kennzeichnung
Kabelkennzeichnung: Durchgehende Beschriftung der Kabel und Anschlusspunkte (Portnummern) gemäß Standard (z. B. TIA-606-B oder unternehmensspezifische Richtlinien).
Bestandspläne und Aufmaße: Sorgfältige Dokumentation der Verlegewege, Dosen- und Patchfelder-Belegung.
Digitale Tools: Einsatz von Netzwerk-Management- oder Dokumentations-Software, um Änderungen nachvollziehbar zu speichern.
Messungen und Abnahmen
Kupferstrecken: Zertifizierte Messungen (z. B. mit Fluke Messgeräten) nach ISO/IEC 11801 (Permanent Link/Channel).
Glasfaserstrecken: OTDR-Messungen (Optical Time Domain Reflectometer) und Dämpfungsprotokolle, um Reflexionen oder Spleißstellen zu prüfen.
Messprotokolle: Alle Ergebnisse werden dokumentiert und dienen als Referenz für spätere Erweiterungen und Wartungen.
Erdung und Potenzialausgleich
EMV-gerechte Erdung: Jede Verteilung sollte eine eigene Potentialausgleichsschiene erhalten.
Jede Verteilung sollte eine eigene Potentialausgleichsschiene erhalten.
Vermeidung von Schleifen: Eine durchdachte Struktur verhindert Masseschleifen und reduziert EMV-Probleme.
Wartungs- und Instandhaltungskonzept
Zugänglichkeit: Verteilerstandorte und Kabeltrassen sind so anzulegen, dass Wartungsarbeiten ohne größere Betriebsunterbrechungen möglich sind.
Reinigung und Klimatisierung: In staubigen oder feuchten Umgebungen regelmäßige Kontrolle und Wartung der IP54-Schränke.
Ersatzteilmanagement: Vorhalten von Patchkabeln, Kupplungen, SFP-Modulen zur schnellen Fehlerbehebung.
Zukunfts- und Erweiterungsfähigkeit
Reserve-Kapazitäten: Ausreichende Faseranzahl in der LWL-Verkabelung (z. B. mind. 12F oder 24F), Leerrohre und Rangierreserven.
Migrationsstrategien: Möglichkeit zur Aufrüstung auf 25/40/100 Gbit/s im Backbone.
PoE-Anwendungen: Sizing für Power over Ethernet (z. B. PoE++), wenn Endgeräte wie IP-Kameras oder WLAN-APs geplant sind.
Integration weiterer Gewerke
Gebäudeautomation: Koordination der IT-Verkabelung mit Lüftungs-, Heizungs-, Klimaanlagen und anderen MSR-Systemen (KNX, BACnet).
Sicherheitstechnik: Videoüberwachung, Zutrittskontrolle oder Einbruchmeldeanlagen, die teilweise dieselbe Infrastruktur nutzen können.
Keine gegenseitige Störung: Abstimmung der Verlegung und EMV-Anforderungen mit Elektro- und Kommunikationsgewerken.
Qualitäts- und Projektmanagement
Abstimmung mit Fachbauleitungen: Regelmäßige Baubesprechungen zwischen IT-Fachplanern, Elektrotechnik und Bauleitung zur Vermeidung von Schnittstellenproblemen.
Abnahmechecklisten: Systematische Kontrolle und Protokollierung aller relevanten Punkte (Kabelwege, Erdung, Dämpfungsmessungen).
Schulung: Bei Bedarf Einweisung des technischen Personals in die Anlagenbedienung und Wartung.
Sicherheitskonzepte (Cyber und physisch)
Netzsegmentierung: Logische Trennung kritischer Netze (z. B. Produktions-/Steuerungsnetz vs. Büro-/Office-Netz).
Firewall- und Monitoring-Lösungen: Firewall- und Monitoring-Lösungen
Physische Trennung: Separate Racks, Kabel- und Verteilerstandorte für besonders sicherheitskritische Anwendungen.